Simon, 21: Ehrlicher Erfahrungsbericht mit detaillierten Erklärungen

Simon, 21: Ehrlicher Erfahrungsbericht mit detaillierten Erklärungen

So dann bin ich mal dran:

Ich war insgesamt 2 mal beim Kieferchirurgen, da ich mir alle 4 Weisheitszähne in zwei Schritten (erst rechts, dann links) entfernen lassen musste. Meine Zähne unten lagen etwas schief und waren sehr groß – zu groß für meinen kleinen Kiefer, oben die waren noch nicht durchgebrochen und auch etwas kleiner.

Ich habe mich – entgegen aller Ratschläge – für 2 Termine anstatt 1 entschieden, da ich keine zwei Wochen komplett KO sein wollte. Ich bereue es nicht, hab zwar auch mega Angst gehabt bei beiden Terminen, aber zumindest konnte ich mich dann damit trösten, nach bereits 1 Tag auf der nicht behandelten Seite wieder normal kauen und somit etwas normales essen zu können. Mir persönlich hat das normale Essen den Heilungsprozess viel angenehmer gemacht, ich denke auch, dass es dem Körper bei entsprechender Nährstoffzufuhr leichter fällt. Für wie viele Termine ihr euch jedoch entscheidet, müsst bitte ihr wissen. Lasst euch da von keinem zu was überreden, wägt selbst die Vor- und Nachteile für euch persönlich ab.

Ok, nun zu der Sache an sich:

Ich bin ein mega Schisser was sowas angeht, also hab ich mir natürlich total die Gedanken gemacht. Teilweise möchte man vor Angst lieber sterben als zum Termin zu gehen, ich kann also die ganzen anderen Angsthasen sehr gut verstehen. Aber wie sagt man so schön: lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende, denn wenn ihr euch mal fragt, was dann mit 30-40 so alles passieren kann, wenn die Zähne dann Radau machen, dann wünscht ihr euch, es schon vorher gemacht zu haben, ist wirklich so – und davor habe ich dann noch viel mehr Angst.

Man geht zum Arzt, setzt sich in das obligatorische Wartezimmer und wartet eben. Sobald man aufgerufen wird, setzt man sich ins Behandlungszimmer und wird meistens sehr freundlich und geduldig behandelt, die Ärzte wissen ja, mit welcher Überwindung man sich grad hier her begeben hat. Ihr braucht auch nicht denken, dass die euch für bekloppt halten, die wissen ganz genau, wie sehr euch das fertig macht. Ich hatte bei beiden Terminen Ohrhörer dabei und bat den Arzt um 10 Minuten „Überwindungszeit“ im Stuhl, bevor er die Betäubung setzte. Alles kein Problem.

DIe Spritzen an sich sind eklig im Geschmack und natürlich unangenehm, aber es gibt echt Schlimmeres. Nach kurzer Wartezeit setzt dann ein komisch warmes, bizzelndes Gefühl ein, und man spürt wirklich NICHTS mehr. Nada. Du könntest dir ein Feuerzeug an die Backe halten und würdest außer dem Geruch deiner verkohlten Haut nichts merken. Das hat mir persönlich mein Vertrauen wieder gegeben, dass alles gar nicht so schlimm wird.

Jetzt kommt der unangenehme Teil (ich rede hier wirklich nichts schön, aber auch nichts schlecht):

Ich hatte bei beiden Terminen immer die Augen geschlossen, da allein die Vorstellung an Metall in meinem Mund Gänsehaut auslöst. Ich glaube, es ist auch nicht von Vorteil, wenn man sich darüber groß Gedanken macht. Angefühlt hat es sich so:

1. Irgendwie denkt man, es passiert was, aber irgendwie kann man es auch nicht wahrnehmen – das ist dann vermutlich der Schritt, in dem das Zahnfleisch „entfernt“ wird. Oben fing der Arzt bei mir an, man spürte so eine Art Rumgefummel im Mund. Dann eine kurze Pause und mit etwas Festem dann 2 bis 3 „Drücke“. Nach einer weiteren kurzen Pause spürte ich Fäden über meine Lippen gleiten, das war es also schon für den oberen Zahn! Dauer: ein Heavy Metal Lied 😀

2. Logischerweise ging es dann unten weiter. Hier auch erst wieder dieses komische Rumgefummel – ich weiß echt nicht, wie ich es anders beschreiben soll – und dann nach einer kurzen Pause ein helles Surren. Mit dem starken Druck und diesem krächzenden Geräusch habe ich dann die OP bewusst wahrgenommen. Da kam dann auch etwas die Angst wieder hoch, allerdings half mir die laute Musik dabei, an etwas anderes zu denken. Der Arzt hat etwas länger an dem Zahn rumgemacht, immer mit dieser Säge bzw. Bohrer, und trotz Betäubung hat das ein bisschen weh getan. Keine höllischen Schmerzen, aber man wünscht sich in dem Moment echt wo anders zu sein. Nach einem weiteren Metal Lied war die Zeit der Säge allerdings abgelaufen. Dann nach kurzer Pause wieder dieses Rumgedrücke mit einem festen Ding, und schon zogen sich wieder die Fäden über meine Lippen. Dauer OP insgesamt: 3 Metal Lieder.

Nachdem ich dann aufgesetzt wurde, so einen Monstertupfer im Mund hatte und die freundliche Helferin des Arztes mir einen Zettel mit ihrer Handynummer in meine Hosentasche steckte, setzte ich mich draußen nochmal kurz hin. Mein Körper war echt total aufgedreht und komplett nervös, mein Geist jedoch war von dieser unglaublichen Angst befreit, was augenblicklich zur Superausschüttung von Endorphinen führte. Ich fühlte mich echt wie der glücklichste Mensch der Welt. Zufrieden stieg ich in ein Taxi und lies mich nach Hause fahren.

Zu Hause angekommen setzte ich mich ins Bett und stütze meinen Rücken mit Kissen ab, sodass mein Kopf weit oben war. Nach zwei Stunden Fernsehen und Entfernung des Tupfers (hier braucht man etwas Geduld und muss Blut verkraften können, ansonsten Mama oder Papa bitten, ihn rauszunehmen) nahm ich die erste Tablette. Die Schmerzen kündigen sich als erst immer stärker werdenden Druck an, der dann zuerst in ein Brennen und dann in ein wirklich schmerzhaftes Stechen umschlägt, deswegen am Besten schon frühzeitig Painkillers nehmen. Beim 2ten Mal wusste ich das ja dann. Sobald man dann seinen Rythmus drin hat mit den Tabletten hat man eigentlich echt gar keine Schmerzen wenn man nicht zu viel redet. Allerdings sollte man sich eine Packung Taschentücher parat halten, damit man sich immer die Nase prophylaktisch putzen kann, denn wenn man niesen muss… AUA 😀

Meine Tipps an euch:

1. Schaut euch auf GAR KEINEN FALL Bilder oder gar Videos zur Entfernung an… Ihr werdet es bereuen. Nach der OP gerne, aber bitte niemals davor.

2. Nehmt euch auf jeden Fall Musik mit, keine chillige sondern richtig lautes Gebretter und stellt euch vor ihr wärt in einem Actionfilm 😀 Somit hört ihr auch nicht, was der Arzt so redet während dem Eingriff.

3. Die Angst davor lohnt sich, wenn man den Kick danach genießt. Wie auf Drogen, nur dass man noch viel viel glücklicher ist, seine Angst überwunden zu haben.

4. Nicht ständig daran denken, wie scheiße alles wird. Es wird nicht so scheiße, wie ihr denkt.

5. Geht einen Tag nach dem Eingriff wenn ihr halbwegs wieder denken könnt etwas total Teures und Krasses kaufen, was ihr schon immer haben wolltet (PS4, iPad, was auch immer). Das Gehirn merkt sich diesen Belohnungsfaktor.

Vielen Dank fürs Lesen.



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